KI in der Spezialbibliothek: Darüber nachdenken oder einfach machen?

Large Language Models (LLMs) haben den Sprung aus der Laborecke in den bibliothekarischen Alltag längst geschafft. Die Forschungsbibliothek des Herder-Instituts, größte Spezialbibliothek zur Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas im deutschsprachigen Raum, hat 2024 begonnen, LLMs gezielt als Assistenzsysteme einzusetzen – nicht um Menschen zu ersetzen, sondern um Routinen abzukürzen und Zeit für inhaltliche Arbeit zu gewinnen.

Das erste LLM-Tool „Bibliographic Metadata Structurer“ beschleunigt das mühsame Handling umfangreicher Tausch- und Angebotslisten. Dabei überführt ein webbasierter Dienst auf Basis von GPT-4o-mini heterogene PDF-, Word- oder Mail- Titellisten in ein einheitliches Datenformat, so dass die Titel automatisch mit dem lokalen Bestand abgeglichen, Dubletten gefiltert und Kaufentscheidungen vorbereitet werden können. Die Bearbeitungszeit pro Liste sinkt von Stunden auf Minuten.

Das zweite Tool „Table of Contents Structurer“ strukturiert LLM-basiert Inhaltsverzeichnisse aus Fachzeitschriften und Sammelbänden selbstständig in das bibliothekarische Pica+-Format und macht die Titeldaten der Fachaufsätze unmittelbar in Pica-Systeme importierbar. Dadurch wird die Erschließung wissenschaftlicher Literatur auf Artikelebene bedeutend vereinfacht und unselbstständige Werke in der Folge recherchierbar gemacht. Beide KI-Lösungen sind seit Monaten erfolgreich im Einsatz.

Im Vortrag wird nicht nur die technische Umsetzung dieser Anwendungen erläutert, sondern auch diskutiert, welche Rolle KI in Spezialbibliotheken künftig spielen kann. Die vorgestellten Beispiele sollen zeigen, dass der Einsatz von LLMs nicht nur machbar, sondern auch unmittelbar nutzbringend ist – ein pragmatischer Ansatz für Bibliotheken, die von KI profitieren wollen.